„Als Model brauchst Du Mut zur Häßlichkeit!“ habe ich von einem Model noch nie gehört. Tatsächlich stammt das Zitat auch von einer Schauspielerin und die Worte ‚Model‘ und ‚Schauspielerin‘ habe ich darin vertauscht.
Dieses klare Statement über ihren Berufsstand habe ich beim Café-Fototermin von Alexa Benkert gehört und ich habe es seither bei vielen Gesprächen zitiert. Fast alle Schauspielerinnen haben dem zugestimmt.
Für eine Schauspielerin ist ihre Mimik, ihre Ausdruckskraft, vielleicht auch manchmal ihre Authentizität von entscheidender Bedeutung in ihrer Arbeit. Darin ein möglichst breites Spektrum zu zeigen, ist nicht nur ein Beweis ihres schauspielerischen Könnens, sondern auch ein wichtiges Marketing-Instrument. Insofern ist es mir meistens bei der Auswahl nach einem Fototermin mit einer Schauspielerin leicht gefallen, auch ausgefallene, schräge, abgründige und eben auch ‚häßliche‘ Bilder zu unseren gemeinsamen Favoriten zu zählen
… und die Ablehnung der heute fast zum Standard gehörenden extremen Beaty-Retusche gehört auch zu dem, was viele Schauspielerinnen eint.
Bei einem Model steht oft bei der Auswahl das möglichst genaue Erwischen eines vermeintlichen, gesellschaftlich mehrheitsfähigen Schönheitsideals im Vordergrund. Und was dem dann noch ein wenig entgegensteht und stört, soll per Retusche auf Mainstream geformt werden. An ihrer Seite wissen die Models dabei selbstverständlich die ganz überwiegende Mehrzahl der Fotografinnen und Fotografen und womöglich entsteht dieser Drang zur Schönheitsperfektion bei ihnen erst deshalb, weil sie genau wissen, was der Mensch hinter der Kamera von ihnen erwartet.
Es gibt auf meiner Festplatte eine Datei mit dem Bild eines Models, bei dem mit einem tieftraurigen, fast schmerzverzehrtem Ausdruck ihre Bedindlichkeit an diesem Tag fast perfekt getroffen ist. Es gehört ganz sicher zu meinen Top-Ten-Bildern, aber außer mir und dem Model hat es noch niemand gesehen und so wird es auch bleiben. Für sie als Model ist es undenkbar, ein solches Bild von sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Sie postet sehr fleißig auf instagram wunderschöne Fotos von ihrer Arbeit, aber auch Alltagsszenen. Jedes Bild hat schnell 1000 Likes und mehr – auch ein banales Katzenfoto. Es wäre sicher spannend zu sehen, wie diese zahlreichen instagram-Fans auf ein so ehrliches Bild reagieren würden. Ich fürchte, diese Fans wollen garnicht sehen und wissen, dass es ihr auch mal schlecht gehen könnte. Gespeist wird meine Vermutung auch schon daraus, dass durchweg alle Schwarzweißbilder von ihr ein paar hundert Likes weniger haben als die farbigen.
Das Beitragsbild zeigt Alexa Benkert.